Januar 2011
Manchmal schafft die Natur binnen kurzer Zeit, was viele viele Menschen schon lange versuchen und woran sie aufgrund der Menschen selbst doch immer wieder scheitern: radikale Entschleunigung. Erst "räumen" Schnee und Eis die Straßen und Plätze für Fußgänger, Ski- und Schlittenfahrer frei, dämpfen Lärm und zaubern ein Bild der Unschuld und Reinheit, wie es sonst nur in Märchen zu finden ist. Und dann kommt die Elbe und suggeriert uns für einige Tage eine Idylle mitten in der Stadt. Wir haben es sehr genossen...
12./13. Januar
Warum muss ich meine Zeit diesem Schwachsinn widmen? fragte ich mich, als ich im Nachgang einer sehr emotionalen Debatte im Ausländerbeirat und in Vorbereitung einer Pressekonferenz des Ausländerbeirates zum Thema Lesung Sarrazins in Dresden mich mit diesem fürchterlichen Buch in 3 verschiedenen Ausgaben beschäftigte. Das machte weder Spaß und hatte es für mich einen Nutzen, außer dass ich mich in der Einschätzung gefestigt sah, dass dieser Mann rassistisch und sozialchauvinistisch ist.
Gestützt auf zum Teil aus der Luft gegriffene, selbst geschöpfte Statistiken bzw. auf unwissenschaftliche Interpretationen von Statistiken wurde ein Generalangriff auf "die integrationsunwilligen Migranten" gefahren, der vor allem auf muslimische Einwanderer abzielte. (Vgl. hierzu: Canan, Coskun/Foroutan, Naika/Schäfer, Korinna/ Schwarze, Benjamin: Sarrazins Thesen auf dem Prüfstand. Ein empirischer Gegenentwurf zu Thilo Sarrazins Thesen zu Muslimen in Deutschland, Berlin Dezember 2010) Dafür bediente man sich einerseits der gerade in Ostdeutschland verbreiteten aus Islamferne und Unkenntnis geborenen Islamophobie. Andererseits bedienen Sarrazin, Seehofer und Merkel auch die z.T. aus aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrisen erwachsenen Betroffenheiten und Ängste, die trotz einer beispiellosen Umverteilung von unten nach oben gerade in den höheren Einkommens- und Statusgruppen eine offenen Akzeptanz und Verbreitung jener verachtenden Denkweise erkennen lassen. Sarazzin ließ mit seinen Ausführungen Dämme brechen. Die Grenze des Sagbaren hat sich im Zuge der Debatte verschoben. Der Diskussionsraum hat sich bis an den Punkt öffentlicher Diffamierungen verlagert. Rassismus ist wieder „salonfähig“. In diesem Diskussionsklima konnte Forderungen, die noch immer nicht vom Gleichheitsgrundsatz ausgingen und Integration auch nach wie vor als Einbahnstraße verstehen, aber immerhin strukturelle Verbesserungen für MigrantInnen vorsahen, als Meilensteine gefeiert werden: Zuwanderung von Hochqualifizierten, Erleichterung Bleiberechtsreglung für Kinder und Jugendliche
Wir wurden als Beirat schon im Vorfeld von Empfängern unserer PK-Ankündigung darauf hingewiesen, dass diese Pressekonferenz unfair und unverschämt sei und dass die Stadt eine Neutralitätspflicht habe, die wir durch die Nutzung eines Rathausraumes für unsere Zwecke hintergingen. Auch das haben wir auf der PK kurz thematisiert: Der Ausländerbeirat ist ein durch Wahl legitimiertes politisches Gremium dieser Stadt, das per Satzung die Aufgabe hat, die Interessen der hier lebenden MigrantInnen zu vertreten und für ein friedliches Miteinander einzutreten. Für diese Aufgabe hat er das Recht, die Infrastruktur des Rathauses zu nutzen, zumal diese PK durch Mehrheitsbeschluss des Beirates legitimiert ist. Sarazzin hatte die Möglichkeit die Medien aller Coleur für die Verbreitung seiner Thesen zu nutzen, da steht uns der Versuch, unsere Meinung in den Medien zu veröffentlichen auch zu. Das ist weder unverschämt noch ungerecht.
2. Januar 2011
Ich habe mir eine Computer- und Handypause gegönnt - über den Jahreswechsel - und das war gut. Es befreit ein wenig die von Aufgaben, Sorgen, Forderungen und Ansprüchen so festgezurrte Seele.
Allen Besuchern dieser Seite wünsche ich für dieses und alle weiteren Jahre, dass sie sich eine solche Freiheit ein wenig gönnen und erhalten können, dass sie genügend Freiräume für Kopf und Körper finden, Gesund, Kraft und Zuversicht und für ihre und unsere Ideen und Gedanken offene Ohren und Herzen
Es gäbe vieles aus den letzten 3 Monaten des Jahres 2010 zu berichten. Zum Beispiel von einem wunderschönen Geburtstag, den meine Anniika mit ihren Freundinnen und der wunderbaren geduldigen Alexandra im Jugend-Öko-Haus feiern konnte, besser gesagt im Großen Garten. Wir waren nämlich 2 Stunden auf Spurensuche. Davor und danach konnten wir die lebenden und toten Tiere im Haus bewundern und in den Räumlichkeiten gemütlich den Hunger und Durst stillen.
Oder aber um in der Politik zu bleiben über die seltsame Integrationsdebatte auf Bundesebene, über die sonderbaren Haushalts (nicht-)Verhandlungen auf Landes- und kommunaler Ebene...
Ich werde es jetzt und hier nicht nachholen, dazu fehlt mir schon wieder die Zeit. Leider.